Friedrich Moritz Gast – der vergessene Musikdirektor

Die Grabstätte des Musikers ist heute nicht mehr vorhanden. Sie lag in der unteren Reihe des Abteil N (N Hauptweg ehem. Nr. 71) auf dem Friedhof I.
Die ungefähre Grablage ist mit einem roten Punkt auf der Karte markiert.

Personengeschichtliche Bedeutung:

Das Leben von Friedrich Moritz Gast galt der Musik. Die Plauener kannten ihn als Kantor, Organisten, Gesangslehrer und Komponisten. Ihm wurde der Titel „Königlicher Musikdirektor“ verliehen. Er starb am 6. Mai 1889 und wurde am 9. Mai 1889 auf dem Friedhof I in einem gelösten Grab in der Abteilung N beigesetzt.

Trotz strömenden Regens erwiesen ihm damals unzählige Trauernde ab dem Kantorat, seiner Wohnstätte in Plauen, bis zum Friedhof die letzte Ehre. Die Glocken der St. Johanniskirche läuteten. Die Kirchenchorsänger liefen vor dem Leichenwagen und sangen. Im Wechsel ertönte die Weise des Chopin‘schen Trauermarsches, gespielt vom Stadtmusikkorps. Ehrende Worte wurden am Grabe gesprochen. Der Vogtländische Anzeiger und das Tageblatt berichtete ausführlich darüber. Friedrich Moritz Gast war zu Lebzeiten sehr beliebt.

Heute erinnert leider kein Grabstein mehr an ihn. Nur der Eintrag im Sterbebuch weist auf die Grablage hin. Hier steht geschrieben, dass die Witwe Ernestine Gast am 9. Mai 1889 die Nutzungsrechte für das gelöste Grab Nr. 71 erwarb (siehe Abb. oben).

Friedrich Moritz Gast übernahm am 18. September 1859 in Plauen das Amt des Kantors und trat die Nachfolge für den in den Ruhestand gewechselten Johann Friedrich Fincke (1778 - 1868) an. Die Stadt fand in Gast einen würdigen Nachfolger, der ein umfangreiches Aufgabengebiet zu übernehmen hatte und das gesamte Musikleben in Plauen 30 Jahre prägen sollte. Genau wie sein Vorgänger hatte er für die Kirchenmusik in der St. Johannis- und Gottesackerkirche (Lutherkirche) Sorge zu tragen. Er erteilte Gesangsunterricht an der 1. Bürgerschule in der Syrastraße und später auch an der 2. Bürgerschule in der Neundorfer Straße, unterrichtete Chormitglieder am Lehrerseminar, wirkte als Dirigent für mehrere Chöre, wie den "Musikverein", "Harmonia" oder den "Plauener Männerchor". Unter seiner Leitung wurden klassische Chorwerke aufgeführt.

Er führte den Quartettgesang bei Beerdigungen auf dem Friedhof ein, wobei er oft selbst eine Stimme übernahm.

Er schuf als Komponist mehr als 160 Musikwerke. Sein größtes Werk war das Oratorium "Johannes der Täufer", welches zur Einweihung der in Plauen neu restaurierten Hauptkirche St. Johannis am 21. Oktober 1886 erfolgreich aufgeführt wurde.

Als Herausgeber von Liederbüchern für Chöre war Moritz Gast weit über die Grenzen des Vogtlandes hinaus bekannt.

Friedrich Moritz Gast wurde am 24. September 1821 in Beicha bei Lommatzsch geboren. Der Vater war Leiter eines Musikchores, später Besitzer eines Gutes und Lehrer in Zschaitz bei Döbeln. Die musikalische Ausbildung des Sohnes lang ihm sehr am Herzen. Schon mit 12 Jahren spielte Moritz Gast die Orgel zu Gottesdiensten. Mit Privatunterricht wurde er auf den Besuch des Lehrerseminars in Dresden-Friedrichstadt vorbereitet. 1842 trat er eine Stelle als Hilfslehrer in Naundorf bei Freiberg an. 1845 wechselte er nach Annaberg. Dort pflegte er nicht nur die Schulmusik, er verdiente sich erste Lorbeeren als Dirigent öffentlicher Konzerte. Er lernte Felix Mendelssohn-Bartholdy kennen, der zur gleichen Zeit als Gewandhauskapellmeister in Leipzig wirkte. Beide verband fortan eine herzliche Freundschaft, von der vor allem Gasts Tätigkeit als Komponist profitierte.

1849 wurde Friedrich Moritz Gast Kantor in Geringswalde und führte dieses Amt 10 Jahre lang.

1850 heiratete Gast Ernestine geborene Kaupisch aus Schönheide.

An seiner Wirkungsstätte Geringswalde erblickten die ersten Kinder das Licht der Welt. Zwei starben im Kleinkindalter.

In Plauen wurde am 6. Februar 1860 Georg Heinrich geboren. Er studierte später Theologie, wurde Pfarrer und starb 1935 in Leipzig-Großzschocher.

Am 12. Juli 1864 folgte Tochter Paula und am 17. März 1866 Tochter Frieda. 

Die älteste am 26. Juni 1854 in Geringswalde geborene Tochter Liddy Johanne heiratete 1877 in Plauen den Musikdirektor Carl Christian Friedrich Eilhardt aus Erfurt. Die Familie verließ etwa 1880 Plauen und lebte in Glauchau. Auch dort war Eilhardt als Musikdirektor tätig. 

Tochter Frieda ehelichte 1893 in Glauchau den Gerichtsschreiber Johannes Arno Großmann. Er wirkte an verschiedenen sächsischen Amtsgerichten und wird ab 1908 in den Adressbüchern von Leipzig geführt. Ab 1913 ist Frieda als Witwe in den Leipziger Adressbüchern eingetragen und wird 1933 letztmalig erwähnt.

Überliefert ist, dass Liddy und Frieda schon als Kinder die Kirchenbesucher durch ihre glockenhellen Stimmen, geschult durch den Vater, bei Sologesängen erfreuten.

Noch sind die Lebensdaten der Ehefrau und Mutter Ernestine Gast geb. Kaupisch nicht bekannt. Ein Hinweis in der Eheschließungsurkunde der Tochter Frieda lässt vermuten, dass sie zwischen 1890 und 1893 starb. 

Als Friedrich Moritz Gast am 6. Mai 1889 starb, war es für die Stadt Plauen ein großer Verlust. Er geriet leider schnell in Vergessenheit. Seine einfühlsamen melodischen Kompositionen wurden kaum noch gespielt. Heute erinnert man sich wieder an ihn und lässt seine Musik aufleben. Erwähnt sei das Konzert am 16. Oktober 2022 aus Anlass des 125jährigen Bestehens der Pauluskirche Plauen. Zur Aufführung gelangten aus seiner Komposition „Kirchweihfest-Cantate für Chor und Klavier“ die Sätze Moderato „Freuet euch in dem Herrn“ und Maestoso „Jauchzet Gott, alle Lande“.

 

Quellen:

Merkel, Walter- Vogtländische Musiker vor 1900, Seite 32-35
Pramann, Thomas- Ein Leben im Banne der Musik – Über den Kantor Moritz Gast
Schmidt, Roland- Moritz Gast prägte das Plauener Musikleben
Kirchenbücher der St. Johanniskirche Plauen
Adressbücher Plauen, Glauchau, Leipzig
Sterbebuch Friedhofsverwaltung Plauen
Vogtländischer Anzeiger und Tageblatt (VAT) v. 14.September 1884
VAT 7. Mai 1889, 10. Mai 1889
VAT 13. März 1892, 27. März 1892, 30. März 1892
Programm zum Konzert am 16. Oktober 2022 in der Pauluskirche Plauen

 

© Brigitte Kunze

Plauen, Januar 2023