Grabstätte auf Friedhof II der Familie Lang Nr. 20 - A

und Gedenkstätte Paul König

Grabstätte Lang

Quelle: FH I, 2024

Die Grabstätte der Familie Lang lässt uns geschichtlich bis ins Jahr 1845 zurückblicken.

Gottlob Friedrich Wilhelm Goebel (auch Göbel), geboren am 18.05.1802 in Obhausen bei Querfurt, gestorben am 06.12.1857 in Plauen.

Ein Auszug aus der Plauener Medizinischen Rundschau Nr. 2, Jg. 18. Januar 1977, verfasst von MR Dr. Heinz Zehmisch, soll verdeutlichen, wer G. Fr. W. Goebel war:

„Er besuchte um 1822 die Universität Jena“… „Aus Triptis kommend, kaufte er 1831 von Troemer die damals einzige Plauener Apotheke. 1832 legte er in Dresden die pharmazeutische Prüfung ab, erhielt aber von der Landesregierung das Privileg für die Apotheke nicht erneuert. Dafür wurde Goebel eine Real-Konzession eingeräumt. Daraufhin handelte er mit Drogen und Farbwaren und produzierte natürliche und künstliche Mineralwasser.“ … „Er verbesserte den so genannten Liebigkühler, schloss seiner Apotheke eine homöopathische Abteilung an und entwickelte für die Weißwarenindustrie eine blaue Vordruckfarbe. Als der Stadtbrand 1844 auch seine Apotheke in Schutt und Asche legte, kaufte er die Nachbarbrandstätte und baute die Herrenstraße 6 und 8 auf“ … „Goebel war als Lehrer im Fach Chemie an der Königlichen Gewerbeschule tätig. Er beschäftigte sich mit der Problematik der Verbrennung von Holz, konstruierte einen Stubenofen und entwickelte eine so genannte „Koch-Maschine“, mit der man Heizen konnte, die wenig Brennmaterial verbrauchte und Küche und Stube gleichzeitig erwärmte.“ … „Sein Prinzip war, wirtschaftliche und wissenschaftliche Erkenntnisse praxiswirksam anzuwenden und gute Arbeitsbedingungen zu schaffen.“

Gottlob Friedrich Wilhelm Goebel heiratete am 10. Mai 1835 Louise, geb. Facilides.

Louise (13. Oktober 1813 – 02. März 1881) war die älteste Tochter des Kaufmanns und Fabrikbesitzers Johann Ernst Facilides. Eine vom Plauener Stadtrat am 18. Mai 1859 ausgestellte Urkunde belegt die Aufnahme von Louise Goebel als Bürgerin der Stadt Plauen.

Gottlob Friedrich Wilhelm Goebel kaufte auf dem damaligen Friedhof an der Lutherkirche am 19. Juni 1845 eine Erbbegräbnisstätte. In der Concessionsurkunde wurde dem Käufer zugesichert, dass die Kirche über den Platz erst dann wieder frei verfügen dürfe, wenn das Erbbegräbnis 50 Jahre außer Gebrauch geblieben wäre. Goebel verstarb 1857. Die Grabstätte lag in der Nähe der jetzigen Melanchthonstraße, deren Bau im Jahr 1899 in Angriff genommen werden sollte. Die Goebel’schen Erben verzichteten auf die alte Grabstätte, legten aber Wert darauf, dass die sterblichen Überreste ihres Vaters auf einen anderen Friedhof überführt werden sollten.

Aus diesem Grund wurde am 1. September 1898 zwischen der Gottesackergemeinde der Parochie Plauen und den Goebel’schen Erben eine Vereinbarung geschlossen.

Die Gottesackergemeinde verpflichtete sich auf Friedhof II das Erbbegräbnis Nr. 20 an der Chrieschwitzer Seite zu übergeben. Es sollte in der gleichen Weise, wie das alte Grab mit einem Gitter und Sockel versehen und ausgemauert werden. Die Kosten übernahm die Stadtgemeinde und belastete damit das Konto Straßenbau lt. Protokoll vom 21. Februar 1899 mit 1.240 Mark. Ein Schreiben unterzeichnet vom Friedhofsverwalter Mothes weist darauf

hin, dass die Umbettung der Gebeine Gottlob F. W. Goebels am 26. Juni 1900 erfolgte.

Den Schriftwechsel mit der Gottesackergemeinde führte die zweitgeborene Tochter von G.F.W. Göbel Marie Constanze Göbel stellvertretend für alle Geschwister.

Nachstehend sollen die Kinder der Eheleute Gottlob Friedrich Wilhelm Göbel und Louise, geborenen Facilides näher vorgestellt werden:

Kind 1: 

Laura Hermine Göbel (12. August 1836 – 18. September 1836 in Plauen)

Kind 2: 

Marie Constanze Göbel (20. Januar 1839 – 23. April 1924 in Plauen)

Sie blieb ledig und war Besitzerin des Hauses Klostermarkt 5. Ihre letzte Ruhe fand sie in der vorgestellten Grabstätte.

Kind 3:

Franziska Hermine Göbel (22. Juni 1841 – 08.03.1909 in Dresden)

Am 15. September 1861 heiratete Franziska Hermine den aus Marne in Holstein stammenden Apotheker Johannes Julius Jessen. Er erwarb 1863 die nach dem Tod von Göbel von den Erben weiter geführte Apotheke und gab ihr den Namen „Alte Apotheke“.1871 übertrug er sie zunächst pachtweise, dann käuflich an Apotheker Graff. Die Familie Jessen lebte vermutlich ab 1872 in Dresden. Julius Jessen wird 1871 letztmalig im Plauener Adressbuch erwähnt.

Kind 4:

Richard Herrmann Theodor Göbel (13. Juli 1843 – nach 1899 in Olbernhau)

Er war verheiratet mit Sophie von St. Georges und führte in Olbernhau eine Apotheke.

Kind 5:

Ernst Oskar Friedrich Göbel (03. September 1847 – 28. Juni 1925 in Leiferde bei Braunschweig)

Er studierte an der Bergakademie in Freiberg, war Fabrikant und Chemiker in Flémalle-Haute, Belgien. Er heiratete am 04. August 1881 in Weimar die in Buttstädt am 10. Dezember 1856 geborene Elisabeth Schenk. Sie starb am 17. November 1905 in Flémelle-Haute, Belgien.

Kind 6:

Luise Sophie Clementine Göbel (27. Januar 1850 – 03. April 1928 in Plauen)

Sie ehelichte am 15. September 1872 den aus Oelsnitz stammenden Kaufmann Friedrich August Krippner (04.08.1844-08.01.1919). Er war zunächst Teilhaber der Firma „Weist & Krippner, „Fabrikation weißer Baumwollwaren und Stickereien“ in der Oberen Ende Straße 5 und später Inhaber der „F. A. Krippner – Stickereifabrikation und Konfektion“. Das Ehepaar wohnte in Plauen, Am Klostermarkt 5. Beide liegen mit in der Familiengrabstätte Nr. 20 auf Friedhof II.

Aus vorgenannter Ehe gingen zwei Kinder hervor:

Tochter Elisabeth Margarethe Luise Krippner (09. August 1873 – 20. November 1922).

Sie heiratete 1893 den Kaufmann und späteren Prokuristen Ludwig Wilhelm Lang (25.09.1865 in Karlsruhe - 05.01.1911). Sie wohnten zunächst in der Schloßstraße 8 und später in der Melanchthonstraße 6.

Einer Todesanzeige im VAT Nr. 6, S. 6 v. 08.01.1911 kann man entnehmen, dass Ludwig Wilhelm Lang über viele Jahre als Prokurist die Firma Dr. A. Nietzsche – eine Bleicherei und Färberei mit Sitz in der Böhlerstraße 38/40, leitete. Man schreibt: „Seit Errichtung der Firma hat er seine ganze Kraft in treuer Pflichterfüllung derselben gewidmet.“ 

Sohn Friedrich Oskar (3.10.1874 -1936 in Bad Ems) studierte an der Bergakademie Freiberg und war später Bergwerksdirektor im Bad Emser "Blei-und Silberwerk".

Elisabeth und Ludwig Lang hatten drei Töchter, Elisabeth, Hildegard und Elfriede.

Elisabeth Louise Ludowika Lang (20.03.1899 – 04.10.1970) arbeitete als Fürsorgerin im Gesundheitswesen. In einem Nachruf der Poliklinik Gartenstraße wurde ihre Tätigkeit gewürdigt. (FP Nr. 239, S. 5 v. 08.10.1970.

Hildegard Lang (06.04.1902 – 27.05.1984) Sie starb in Detmold. Es erfolgte eine Umbettung in die Familiengrabstätte auf Friedhof II. 

Elfriede Dorothea Alice Lang (02.07.1906 – 01.04.1992) heiratete Paul König (04.01.1891 – 24.09.1947). Sie starb in Dortmund und wurde im Plauener Familiengrab bestattet.

 

Eine Inschrift auf dem Grabstein der Familie Lang erinnert an Paul König. Er starb im NKWD-Lager Bautzen (s.u.).

 

Quelle:

„Die Säkularisation des alten Gottesackers“ Vol. I, 1895

Rep. II, Kap. IV, Sekt. I, B Nr. 6

Plauener Medizinischen Rundschau Nr. 2, Jg. 18, Januar 1977

Vertrag zwischen Gottesackergemeinde und den Erben von Göbel v. 1. Sept. 1898

Wandstellenbuch Friedhof II,

Kirchenbücher

Stammbaum erstellt von Andrea Harnisch

MR Dr. Heinz Zehmisch - Von der Badestube bis zum Vogtland-Klinikum

 

 Brigitte Kunze

Stand: Januar 2024

Zur Person Paul König

 

Foto Paul König: privat

Paul König wurde am 4. Januar 1891 in Wachau bei Radeberg in Sachsen geboren.

Aus erster Ehe stammte Tochter Harriet (1918-1983). Aus der zweiten Ehe mit Elfriede Lang ging Sohn Joachim (geb. 1934) hervor. Die Familie wohnte in der Myliusstraße 2.

Paul König war Prokurist und Leiter der Wertpapierabteilung am Hauptsitz der Vogtländischen Bank (Abteilung der ADCA: Allgemeine Deutsche Credit-Anstalt) am Postplatz- gegenwärtig das Gebäude der Kette "H&M".

Quelle: Adressbuch der Stadt Plauen 1938

Wie alle Führungskräfte der Vogtländischen Bank wurden auch die beiden Direktoren und er von der ADCA 1938 zum Eintritt in die NSDAP gezwungen, aus der er 1943 wegen "defaitistischer Äußerungen" ausgestoßen wurde mit dem Hinweis, nach dem "Endsieg"mit ihm abzurechnen.

Kurz vor Einmarsch der amerikanischen Truppen im April 1945 verließen die Direktoren ihre Positionen und setzten Paul König als alleinigen Direktor dieser Bank ein.

Zu dieser Zeit war dieser mit seiner Familie im Gasthof Rodersdorf untergebracht, da die Wohnung in der Myliusstraße nach dem Luftangriff am 19.03.1945 nicht mehr bewohnbar war. Obwohl er einen Oberschenkeldurchschuss aus dem Ersten Weltkrieg hatte und als schwerbeschädigt galt, ist er bis August 1945 jeden Tag mit dem Fahrrad in das zerstörte Plauen zur Bank gefahren.

Nach der Besatzung Plauens durch die amerikanischen Truppen entsandten diese einen Colonel als Aufpasser in die Bank, der die Anweisung gab: „Business as usual.“

Im Juni 1945, als feststand, dass sich die amerikanischen Truppen im Austausch gegen einen amerikanischen Sektor in Berlin zum 1.07.1945 u.a. aus Sachsen zurückziehen werden, boten amerikanische Offiziere Paul König an, ihn und seine Familie nach Bayern mitzunehmen. Er lehnte dieses Angebot ab mit dem Hinweis, sich der Verantwortung für die von ihm geführte Bank nicht entziehen zu können und -da er nichts verbrochen hätte, nichts befürchten hätte.

Am 2.07.1945 rückte dann die Rote Armee in Plauen ein und besetzte u.a. die Vogtländische Bank. Der erste Eingriff in den Geschäftsbetrieb bestand in der Plünderung der Schließfächer der Bankkunden.

Am 14.11.1945 erschienen in der Bank zwei Kriminalbeamte im Auftrag der sowjetischen Besatzungsmacht und forderten Paul König auf, mitzukommen, da er für eine Zeugenaussage benötigt würde. Weil diese sich einige Tage hinziehen könnte, wurde seine Frau aufgefordert, ihm Übernachtungsutensilien in das Polizeipräsidium zu bringen. Dort sollten sie und der 11-jährige Sohn- im Kreise zahlreicher Plauener Unternehmer, die z.T. seine Kunden waren- Paul König das letzte Mal sehen.

Über seinen Verbleib erhielt die Familie mehr als vier Jahrzehnte keine Nachricht. Nach 1990 konnte ermittelt werden, dass Paul König im September 1947 im Speziallager Nr. 4 des NKWD (Narodny Kommissariat Wnutrennich Del- sowjetischer Geheimdienst) in Bautzen verstorben war, nachdem er vorher im Speziallager Nr. 7 des NKWD in Oranienburg-Sachsenhausen gewesen war. 

Er wurde begraben in einem Massengrab auf dem "Karnickelberg" neben dem "Gelben Elend" (wie das das Lager wegen der gelben Klinkerfassaden der Gebäude genannt wurde)

 

Quellen:

Aufzeichnungen Joachim König,

Beschluss des Kreisgerichts Plauen zum Parteiausschluss Paul Königs v. 15.01.1943,

Mitteilung des DRK-Suchdiensts München v. 26.05.2011,

Totenbuch der sowj. Lagerverwaltung Bautzen