Grabstätte der Familie Anton Friedrich Falke

Foto: Brigitte Kunze, 2019

Kurzbeschreibung der Grabstätte:

Schlicht wirkt die auf weißen Klinkersteinen aufgesetzte Inschrifttafel mit den Lebensdaten der Familienangehörigen und dem Spruch: "Wer für die Seinen sorgt bis ihm die Kraft gebricht und segnend stirbt, ja den vergißt Gott nicht!"

Das Grab steht unter Denkmalschutz.

Personengeschichtliche Bedeutung:

Der in Plauen geborene Anton Friedrich Falke (13.05.1823-01.10.1906) erlernte den Beruf eines Webers. Er war sehr begabt im Zeichnen und Malen. Die damalige Weberei Hendel in Oelsnitz erkannte sein Talent und Falke lieferte Musterungen, die er als gelernter Weber für die Fertigung von Webwaren  einrichtete. Die nach seinen Mustern hergestellten Produkte fanden besonders auf Leipziger Messen großen Absatz.

Falke wurde selbstständig und übernahm in Plauen das damalige Stern’sche Vordruck- und Zeichengeschäft. 1862 kaufte er sich in der Gartenstraße 33 ein Grundstück und richtete dort ein Stickereigeschäft ein. Zuvor erlernte er das Sticken und Vergrößern der von ihm entworfenen Muster beim Handstickmaschinen-Fabrikanten A. Voigt in Kändler bei Chemnitz. Die Firma Falke entwickelte sich gut, in den Jahren 1862-1869 stellte das Unternehmen 13 Handmaschinen auf.

1881 startete Anton Falke verschiedene Versuche eine neue Art Spitze, „Luftspitze“ oder auch „Ätzspitze“ genannt, herzustellen. Er erkannte, dass dafür eine neue Technologie, eine neue Sticktechnik, notwendig wurde und zeichnete hierfür die erste „Luft-Schablone“. Schwierig gestalteten sich nach den Stickvorgängen die weiteren Arbeiten. Noch fehlte den zuständigen Bleichereien für das Ausbeizen des Grundstoffes das nötige Know-how. Er konnte die neue Erfindung erst einmal nicht verwerten. 

Quelle: Vogtländischer Anzeiger und Tageblatt, Zweites Blatt Nr. 229 v. 3. Oktober 1906

Quelle: Plauener Adreßbuch 1909/1910, S. 358

Im Jahr 1888 trat Friedrich Anton Falke in den Ruhestand und übergab das Unternehmen dem Sohn Bruno (09.01.1853-16.07.1939). Er war bereits 1866 in das väterliche Geschäft als Lehrling eingetreten, besuchte das Gymnasium und die Handelsschule, Sprachkenntnisse befähigten ihn zu Reisen ins Ausland.  
1872 wurde auch Ernst Richard Falke (04.08.1850-27.09.1888) Mitinhaber der Firma. Er starb jedoch 38-jährig und hinterließ die Witwe sowie zwei Söhne und zwei Töchter.

Sohn Bruno Falke erhob Anspruch darauf, dass er und sein Vater die Erfinder der Luftspitze waren. Das bestätigte sich jedoch nicht, da in der Schweiz, insbesondere in St. Gallen die Fabrikation von Luftspitzen eher aufgegriffen und weiterentwickelt wurde.

Die umstrittenen Prioritätsrechte werden in einem Gedenkartikel, "50 Jahre stickmaschinengestickte Ätzspitze", erläutert. Er ist abgedruckt im Vogtländischen Anzeiger und Tageblatt, Plauen, Nr. 206, 145. Jahrgang, Sonntag, 3. September 1933, Seite 21-23.

Der Verfasser Professor Albert Hempel, Direktor der Vogtländischen Stickereifachschule zu Plauen, Heubnerstraße 1, und 1933 bereits im Ruhestand, setzte sich mit der Problematik auseinander. Aus vorgenanntem Artikel einige Auszüge:

"Die wohl nahe liegende Frage, wie es zu erklären sei, daß die Firma Anton Falke ihre ersten immerhin Erfolg versprechenden Versuche nicht weiter verfolgte, findet ihre durchaus glaubwürdige Erklärung darin, daß die Firma, wie alle Plauener Firmen, in den Jahren, die auf die Einführung der Tüllspitze (1881) folgten, so überreich beschäftigt waren, daß, kluger Geschäftssinn der neuen, immerhin noch zweifelhaften Erfindung weder Zeit noch Mittel gewähren konnte." 

"Als erste Firmen, die sich Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre der Fabrikation von Luftspitzen zuwandten, sind zu nennen: Neubauer, Falke, Hofmann und Fröhlich, Gebrüder Zschweigert, Gebr. Gräf, F.D. Gößmann, Ristmann, Volkmar Müller, Schmutzler. "

"In sorgfältiger Abwägung aller wirklich nachweisbaren Tatsachen muss man zu folgenden Schlüssen kommen:

  1. Die Firma Wetter Frères ist zweifelsfrei in St. Gallen die erste gewesen, die Ätzspitzen auf der Stickmaschine herstellte;
  2. Die Firma Anton Falke ist in Plauen die erste Firma gewesen, die die ersten Versuche machte, mit Hilfe des Ätzverfahrens durchbrochene Spitzen auf der Stickmaschine herzustellen;
  3. Die Firma Robert Neubauer hat zuerst das neue Ätzverfahren fabrikmäßig ausgebaut und es der industriellen Allgemeinheit zugängig gemacht.
  4. Die Firma Wetter Fréres besaß das Ätzverfahren früher als Neubauer, die Patentanmeldung der Firma Neubauer wurde 1883 zurückgewiesen, weil sie die genaue Kopie des Patentes Sutter enthalte. Das Patent von Sutter war der Firma Wetter zediert worden."

"Ob nun Jakob Sutter (Wetter Frères) Luftspitzen früher herstellte als die Firma Anton Falke, das ist eine Frage, die mit zweifelsfreier Sicherheit schwerlich wird beantwortet werden können. Das entscheidende Beweismaterial fehlt, weil die Fragen, welche einwandfreie Schlüsse zuließen, patentamtlich nicht mehr beantwortet werden können. Da aber authentisch festgestellt ist, daß bereits vom 23. August 1881 für eine Vorrichtung, durchbrochene Spitzen herzustellen, Josef Halter in Rebstein Patent erteilt worden ist, und da des Steiger-Meyer, Herisau, Otto Alder, St. Gallen, Charles Wetter-Ruesch, St. Gallen, und Paul Marescot, Paris, bestimmt versichern, daß die Schweiz bzw. St. Gallen durchbrochene Stickereien und Spitzen bereits 1881/82 - gleichgültig, ob auf mechanischem oder chemischem oder gemischtem Wege - hergestellt habe, so muß geschichtliches Gewissen in der Frage der Herstellung von durchbrochenen Spitzen (Luftspitzen) die Priorität der Schweiz zuerkennen."

 

Quelle: Vogtländischer Anzeiger und Tageblatt, 3. Oktober 1906, Seite 8

 

 Vogtländischen Anzeiger und Tageblatt, Plauen, Nr. 206, 145. Jahrgang, Sonntag, 3. September 1933, Seite 22.

 

 Vogtländischen Anzeiger und Tageblatt, Plauen, Nr. 206, 145. Jahrgang, Sonntag, 3. September 1933, Seite 23.

             

Vogtländischen Anzeiger und Tageblatt, Plauen, Nr. 206, 145. Jahrgang, Sonntag, 3. September 1933, Seite 22.

 

Motiv aus Luftspitze

Quelle: Willy Erhardt "Das Glück auf der Nadelspitze", Seite 53 

(C) Brigitte Kunze

Plauen 2019